In der ersten Ausgabe der Interviewreihe wurden die Fragen an Herrn Roland Haas gestellt. Er ist nicht nur Vorsitzender im Meisterprüfungsausschuss für das Tischler-Handwerk, sondern übt das Amt auch für das Maler- und Lackierer-Handwerk und das Stuckateur-Handwerk aus. Seit 30 Jahren ist er mit Leib und Seele als Prüfer tätig. Für ihn ist klar: Wer die Meisterprüfung machen will, muss sorgfältig arbeiten und sich der damit verbundenen Verantwortung bewusst sein. Prüfer im Handwerk: Ein Amt - viele Persönlichkeiten - Teil 2
Herr Haas, Sie sind seit 30 Jahren als ehrenamtliches Mitglied und Vorsitzender tätig. Können Sie Veränderungen und Entwicklungen im Prüfungswesen feststellen?
Die Novellierungen der Meisterprüfungsverordnungen im Tischler-Handwerk 2008 und im Maler- und Lackierer-Handwerk 2005 brachten für meine Aufgabe im Prüfungsausschuss viele Veränderungen im Prüfungsablauf, sowie einen Mehraufwand an verwalterischen und dokumentarischen Arbeiten, mit sich.
Durch den Wegfall der ehemals geforderten Gesellenjahre und dem damit vereinfachten Zugang zur Ablegung der Meisterprüfung sind die Teilnehmer/innen im Schnitt jünger geworden. Dies führt dazu, dass oftmals Berufserfahrung und die entsprechende Fachkompetenz fehlen, was sich letztlich in schlechteren Prüfungsergebnissen widerspiegelt.
Mit dem Meistertitel verbunden ist auch das Recht zum Ausbilden und Anleiten von Auszubildenden. Das macht es für junge Meister/innen mit keiner oder wenig Berufserfahrung nicht immer einfach.
Können Sie erörtern, was Sie antreibt, sich als Vorsitzender im Meisterprüfungsausschuss zu engagieren?
Die Zusammenarbeit mit Menschen aus den unterschiedlichsten Handwerken bereitet mir großen Spaß und ist immer wieder bereichernd. Die Organisation von Prüfungen, die Unterstützung, Betreuung und Beratung von Gesellen/innen auf dem Weg zum Handwerksmeister stellt eine gewisse Herausforderung dar. Umso mehr bereitet es Freude, wenn man nach bestandener Meisterprüfung den Teilnehmer/innen den Erfolg bescheinigen darf.
Bei der Vorstellung und Präsentation von Meisterprüfungsprojekten erfreue ich mich immer wieder über die Kreativität und den Ideenreichtum angehender Meister/innen. Es ist auch spannend zu beobachten wie aufwändig, schwierig und steinig dann doch die meisterliche Umsetzung für die einzelnen Meisterprüflinge manchmal ist.
Wenn Sie an ihr Amt denken – wo liegen die größten Herausforderungen?
Die Handwerke in denen ich als Vorsitzender bzw. als stellvertretender Vorsitzender tätig bin gehören zu den gestalterischen Berufen. Es ist interessant und spannend zu sehen wie die jeweiligen Meisterprüfungsverordnungen, speziell im praktischen Teil I, der bekanntlich einen Gestaltungsspielraum zulässt, individuell umgesetzt werden.
Bei der Vorbereitung und bei der Abnahme der Meisterprüfung dürfen trotz großem Gestaltungsspielraum auch die betriebswirtschaftlichen Kompetenzen aus meiner Sicht nicht außer Acht gelassen werden. Hiervon hängt später auch die wirtschaftliche Existenz ab.
Bei der Prüfungsabnahme liegen die Herausforderungen in der Umsetzung der Meisterprüfungsverordnung. Beispielsweise bei der Erstellung von Prüfungsaufgaben, dem Einsatz der Prüfer/innen, bei der Abstimmung und Einhaltung der Zeitpläne, der Einladung und Durchführung der Meisterprüfung, sowie bei der Dokumentation der Prüfungsabläufe.
Manchmal ist auch die Erklärung gegenüber dem Prüfungsteilnehmer im Falle einer Ablehnung eines Meisterprüfungsprojekts eine persönliche Herausforderung. Ebenso wenn die theoretischen Leistungen nicht den meisterlichen Anforderungen entsprochen haben und sich der Teilnehmer eine bessere Bewertung erwartet hat.
Welche Eigenschaften sollten Prüferinnen und Prüfer Ihrer Meinung nach mitbringen, um das Amt gut ausfüllen zu können?
Ganz vorne steht für mich die Freude und der Spaß am Beruf und die Bereitschaft sich ständig neuen Herausforderungen stellen zu wollen. Neugierde und der Wille sich weiterzubilden sind ebenso wichtig, wie das Interesse an der fachlichen Auseinandersetzung mit Handwerkskolleg/innen. Auch das Verständnis für die Belange und Gedankenwelt der Prüfungsteilnehmer/innen und Auszubildende sowie eine Offenheit und Transparenz bei der Bewertung der vorgelegten einzelnen Meisterprüfungsarbeiten sind unabdingbar für eine Prüfertätigkeit.
Wer auf Berufserfahrung in verschiedenen Tätigkeitsfeldern des eigenen Handwerks und den Umgang mit Prüfungsteilnehmer/innen zurückgreifen kann, bringt optimale Voraussetzungen für den Einsatz im Prüfungswesen mit.
Was verbinden Sie mit dem Meisterbrief?
Ich verbinde mit dem Meisterbrief zu allererst meisterliche Fertigkeiten und Kenntnisse. Als Meister/in ist man Spezialist/in auf dem neuesten Stand der Technik. Für Kunden, Kollegen und Auszubildende ist man fachkompetenter Ansprechpartner für vielfältigen Belange und Wünsche. Man repräsentiert nicht nur den Berufstand gegenüber der Gesellschaft, sondern sorgt dafür, dass Wissen an Mitarbeiter und Auszubildende weitergegeben wird. Als Führungskraft eines Teams übernimmt man Personalverantwortung und ist Vorbild zugleich. Man ist im wahrsten Sinne des Wortes „Meister“ seines eigenen Handwerks.
Vielen Dank für das Interview, Herr Haas. Bleiben Sie gesund.
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